Vertrauensbeweis IPO

Fünf erfolgreiche Börsengänge in der ersten Jahreshälfte 2017 – wovon zwei im europäischen Quervergleich als echte Schwergewichte gelten dürften – und eine laut Expertenaussagen ordentlich gefüllte Pipeline: Der Börsenplatz Schweiz lebt und blickt selbstbewusst in die Zukunft.

Die ansehnlichen Kursavancen der Leitindizes im bisherigen Jahresverlauf bezeugen dies ebenfalls. Neben grossen wählen auch kleinere Unternehmen zur Finanzierung ihrer Expansionspläne den Gang an die Börse. Denn auch für sie zahlt sich ein IPO aus – selbst unter Einrechnung der Anforderungen und der laufenden Kosten, die eine Börsennotiz mit sich bringt. Ist der Börsengang mit den richtigen Partnern seriös vorbereitet und wird eine realistische, später auch nachvollziehbar gelebte Equity Story präsentiert, schöpfen Anleger aus breiten Kreisen Vertrauen und unterbreiten ihre Zeichnungsangebote. Die eingeengten und ausgeschöpften Preisspannen und die für viele Investoren stark gekürzten oder gar nicht erfolgten Zuteilungen bei den letzten IPOs legen ein beredtes Zeugnis davon ab.

Man erinnert sich hierzulande aber auch an Schlagzeilen wie „Von der Börse wegreguliert“ und „Steiniges Pflaster für Start-ups“. Selbst in der Schweiz mit ihrer insgesamt liberalen Wirtschaftsordnung laufen Regulatoren und Gesetzgeber rasch einmal Gefahr, den börsengehandelten Firmen und Börsenneulingen aus gut gemeintem, indes wohl zu extensiv ausgelegtem Anlegerschutz zu hohe Hürden in den Weg zu stellen. Man sollte doch im Land der direkten Demokratie den Anlegern ein gewisses Mass an Reife zutrauen. Ferner werden (zu) viele pfiffige Geschäftsideen von Jungunternehmen durch unflexible Steuergesetze und komplizierte Gründungsprozesse im Keim erstickt. Dadurch wird die IPO-Pipeline leider unnötig gedrosselt.

Hier sind ähnliche Vertrauensbeweise in die Wirtschaft gefordert, wie sie die Politik andernorts erbringt: Viele Anleger mögen zwar altbekannten Namen nachtrauern, die nach erfolgreichen, internationalen Übernahmeangeboten vom Börsenzettel verschwanden. Die Schweiz hat – anders als das Ausland – bisher richtigerweise der Versuchung widerstanden, solche Offerten mit neuen Gesetzen quasi „ad hoc“ zu vereiteln. Einfache, klare und vor allem auch beständige Regeln schaffen Vertrauen in den Finanz- und Börsenplatz Schweiz – sowohl im In- als auch im Ausland.

Wie sehr die börsennotierten Unternehmen den Zuspruch ihrer Investoren und den Dialog mit ihnen schätzen, zeigt sich nicht zuletzt jeweils während der „Reporting Season“ in der hohen Qualität der Geschäftsberichte und der Güte der laufenden Unternehmensberichterstattung: Die Grosszahl der Unternehmen geht dabei deutlich über das geforderte Mindestmass an Transparenz hinaus und liefert so einen weiteren Tatbeweis, kontinuierlich in die Vertrauensbasis investieren zu wollen, die mit einem IPO gelegt wird.

(Editorial von Bernhard Schweizer im Going Public Magazin, Ausgabe Oktober 2017)

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