Twitter als Emittent – Twitter für Emittenten

Nun ist Twitter also an der Börse. Das furiose Debut des Micro-Blogging-Dienstes als kotiertes Unternehmen fand weltweit grosse Beachtung. Wie andere Social-Media-Plattformen auch, etwa Facebook oder Youtube, hat Twitter die Kommunikationsprozesse markant verändert sich immer mehr zu einem eigentlichen Rund-um-die-Uhr-Nachrichtenkanal entwickelt, der die herkömmlichen Kommunikationskanäle in Bedrängnis bringt und die Deutungshoheit der klassischen Gate-Keeper wie Journalisten untergräbt. Auch die Wirtschaft muss sich mit der Tatsache auseinander setzen, dass das bisherige De-Facto-Monopol der unternehmenseigenen Medien – etwa Medienmitteilungen, Newsletter, Kundenmagazine oder die Unternehmenswebseite – zur Steuerung von Information und Reputation aufgebrochen wird. Allerdings scheint sich der Bereich Kapitalmarktkommunikation/Investor Relations in der Schweiz der Dynamik der Social Media-Kanäle bis anhin weitgehend zu entziehen. Wird die grosse Resonanz des Twitter-Börsengangs die Rolle der sozialen Medien in den Investor Relations stärken? Werden Emittenten künftig vermehrt auf das relativ neue Instrumentarium setzen? Trotz aller Vorbehalte wie massiver Einschränkungen infolge Regulierungsvorgaben, möglichem Verlusts der Kommunikationsführung sowie Kontroll- und Deutungshoheit oder fehlender Social-Media-Affinität der Zielgruppen: Social Media lassen sich durchaus in eine IR-Strategie einbetten und Mehrwert generieren in der Kommunikation mit der Finanzgemeinde. Eine sinnvolle Ergänzung des traditionellen IR-Instrumentariums sind sie in jedem Fall. Die Schweiz hat hier sicherlich keine Vorreiterrolle inne. International betrachtet, ist Twitter die Social-Media-Plattform, die in den Investor-Relations am häufigsten benutzt wird. Komplementär eingesetzt, verhilft der Dienst mit vergleichsweise bescheidenem Aufwand den bereits über die herkömmlichen anerkannten bzw. geforderten IR-Kanälen veröffentlichten, potentiell kursrelevanten Informationen zu mehr Präsenz und Reichweite. Nicht potentiell kursrelevante Tatsachen im Sinne von Kontextinformationen über den Markt und die Branche dürfen grundsätzlich ohnehin beliebig über soziale Medien verbreitet werden. Ob das Going Public von Twitter auch auf die Nutzung der Plattform als IR-Tool durch andere Emittenten rückkoppelt, bleibe dahingestellt. Unbestritten ist, dass die neuen Formen der digitalen Kommunikation das herkömmliche IR-Instrumentarium in absehbarer Zukunft gezielt ergänzen und bereichern und teilweise substituieren. Die technische Kommunikation wird dadurch entbündelt und auf mehr Kanäle verteilt. In einer immer stärker vernetzten, auf Dialog, Interaktion und Transparenz ausgerichteten Welt kann sich auch bei den Investor Relations eigentlich kein Unternehmen eine Defensivhaltung mehr leisten. Wie in anderen Feldern der Unternehmenskommunikation stehen Emittenten, die sich in diesem dynamischen Umfeld der Entwicklung verschliessen, früher oder später auf der Verliererseite.

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